Fremde. Seit mehr als einem Jahr beschäftigt uns (die Gesellschaft) kein anderes Thema stärker als “das Fremde” oder “die Anderen”. Ausgelöst durch die Flüchtlings”Krise” spaltet sich auch hier die Gesellschaft stärker denn je. Anders sein darf man, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Ich möchte in den anschliessenden Zeilen nicht über gut oder schlecht urteilen sondern lediglich einige Punkte aus der Unsicherheitstheorie nach Gudykunst unterstreichen bzw. pointieren.
Muss ich mich in andere hineinfühlen?
William Gudykunst spricht in seinen Theorien weder von richtigem oder falschem erhalten gegenüber Fremden – er zeigt, anhand eines konkreten Beispiels wie die Gesellschaft bzw. Individuen mit Anderen umgehen. Eigentlich sollte man sich hier die Frage stellen, wer entscheidet überhaupt was “anders” ist und wer urteilt in weiterer Folge darüber, was schlecht oder gut daran ist? Das Kommunikationsmodell oder seine Studie soll zeigen, dass jede Situation in welchen Differenzen spür- und sehbar sind auch von Angst und Zweifel gekennzeichnet ist. Wir sind uns in erster Linie nicht sicher, ob man gewissen Themen ansprechen kann oder nicht. Hier muss es nicht um das Kennenlernen oder die Interaktion mit Orts- oder Kulturfremden – selbige Situationen lassen sich auch beim Kennenlernen der Freunde oder Familie seiner Freundin / seines Freundes feststellen. Mit Neuem lassen wir uns nicht ködern.
Die wenigsten bedenken dabei aber auch, dass es dem Gegenüber wahrscheinlich genau so geht. Neue Situationen und vor allem im Umgang mit Menschen, gehen niemals nur in eine Richtung, sondern basieren auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. (Was für eine wissenschaftliche Aussage – NOT). Aber jetzt mal ehrlich, ist das nicht übertrieben? Eine gewisse Form der Zurückhaltung und des “Antastens” ist im Prinzip nicht schlecht, immerhin will man nicht mit der Tür ins Haus halten. Nur hat die Angst und Zurückhaltung in erster Linie vermehrt mit Erwartungen zu tun. Man möchte den anderen eben gerecht werden – und das beruht ebenfalls auf Gegenseitigkeit.
Effektive Kommunikation
Laut Gudykunst gibt es 7 Komponente der effektiven Kommunikation auf welche ich nur kurz eingehen möchte.
- Self Concept: Soziale Identität und persönliche Einstellungen in Verbindung mit der kollektiven Wertschätzung – eine schwierige Mischung
- Motivation to interact: Hier muss auch immer eine gewisse Absehbarkeit mitspielen, die Gruppe muss dabei sein und das Selbst muss ebenfalls zufrieden sein und auf seine Kosten (Aufmerksamkeit) kommen
- Reaction to strangers: Entweder es ist Mitgefühl, die Toleranz von Mehrdeutigkeit und die ganz persönlichen Vor-Einstellungen gegenüber Fremden
- Social Categorization of Strangers: Hier wären wir bei den bekannten Schubladen. Und jene Schubladen lassen sich nicht ohne Erwartungen beschrieben. Beides sehr schwierige Begriffe, die schnell in eine unangenehme Richtung führen können
- Situation Processes: Die Einstellung gegenüber anderen kann sich erst in Prozessen oder Situationen schaffen. Wie kooperativ zeigen sich hier beide Seiten und vor allem wie lassen sich beide Verhaltensformen miteinander verbinden? Hier muss man dazu sagen, dass in solchen Prozessen auch erkannt werden kann, dass man wirklich nicht miteinander kompatibel ist, was natürlich auch in Ordnung sein muss
- Connection with Strangers: Entweder man ist den Fremden zugewandt oder vollkommen unabhängig und desinteressiert. Hierbei spielt auch die Qualität und die Häufigkeit des Zusammentreffens eine Rolle.
- Ethnical Interactions: Hierzu fällt mir nur ein Wort ein: Achtung gegenüber den anderen. Achtung im Sinne von Würde, Respekt und moralisches Einschliessen
Unsicherheit führt auch dazu, dass man bereits im Vorhinein darüber urteilt, wie eine Beziehung zu einem Fremden oder einer anderen Person ausgehen wird. Dies geht mit der Angst der Vergangenheit einher. Wir leben aus und in der Vergangenheit. “Den Fehler mache ich nicht noch einmal” , “So jemandem vertraue ich nie wieder” – ganz klare Aussagen, die diesen zeitversetzten Zustand sehr gut beschreiben.
Fremd ist nicht immer schlecht
Gudykunst beschreibt es sehr gut in seiner Studie, dass ein gewisses (minimales) Level an Angst und Unsicherheit gegenüber Neuem nicht schlecht sind. Diese führen dazu, dass man sich mehr darum bemüht, die Konversation bzw. die Beziehung in eine (für beide) angenehme / richtige Richtung zu lenken. Hier liegt es aber ebenfalls an jedem Einzelnen, aufmerksam und achtsam gegenüber seiner eigenen Kommunikation zu sein und sich bewusst werden, dass mit Kommunikation sehr viel verändert bzw. gelenkt werden kann. Diese aufgeschlossen sein gegenüber anderen und neuen Situationen bedeutet, dass man sich im Longtail auf einer ganz anderen Ebene befindet. Man hört auf in Schubladen zu denken, wenn man sich bewusst darüber wird, inwiefern man selbst Herr der Situation und seiner Worte ist. Rollen fallen weg und Vorurteile werden weniger. Dies legt eine gewisse Art der Offenheit an den Tag, die man sich erst einmal eingestehen bzw. lernen muss.
Im Endeffekt beruht effektive Kommunikation aus einer Mischung von
- äußere Einwirkung / “wie sieht mich Der oder Die gegenüber?”
- eigenes Selbstbild (mit oder ohne Fremdeinschätzung)
- eigener Wille effektiv zu kommunizieren (= aktiv kommunizieren)
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