Eine Reflexion zum persönlichen Umgang mit Kultur und Sprache …
Zweisprachig aufzuwachsen ist keine Kunst – Kinder lernen schnell und mit dem täglichen Gebrauch zweier Sprachen funktioniert die Kommunikation in beiden Sprach-Welten (nahezu immer) perfekt. Den deutschen Akzent in der rumänischen Sprache zu erkennen, ist scheinbar auch nicht schwer. Der Frage nach meiner Herkunft bin ich oft ausgesetzt. Zumindest dann, wenn ich mich mit Rumänen unterhalte. Dasselbe wird wohl auch im Englischen so sein, nur haben die Engländer zu viel Scheu oder Respekt, so etwas anzusprechen? Die Amerikaner haben es zumindest auch gleich bemerkt und sich nach meiner Herkunft erkundigt. Für mich persönlich ist es immer wieder spannend zu beobachten, wie sich die Reaktionen der rumänisch und englisch Native-Speaker auf mein (scheinbar) nicht akzentfreies Sprechen unterscheiden. Ah, in Deutschland muss keiner Fragen – da ist es eindeutig, dass ich aus Österreich komme. Und die Österreicher wundern sich immer, dass ich eigentlich auch rumänisch fließend spreche – ich hab’ doch keinen Akzent.

Sprechen ist nicht gleich Fühlen
“I dream in english, I talk a lot in english, I love english – so do not blame me for presenting in english today.” so Nadiv Molcho beim Diagonale Film-Festival in Graz.
“I dream in english” – mit dieser Aussage hat er mich besonders in den Bann gezogen. In welcher Sprache träume ich eigentlich? In welcher Sprache drücke ich meine Gefühlswelt aus? In welcher Sprache ärgere ich mich? Mit welcher Sprache fühle ich mich am Wohlsten wenn es um Real-Talk, Gossip, oder Business geht? Als jemand, der drei Sprachen fließend spricht (was ‘by-the-way’ überhaupt keine Seltenheit bzw. nichts Außergewöhnliches ist), habe ich mir die Frage nach meinem persönlichen Befinden im Umgang mit verschiedenen Sprachen nie gestellt. Es ging einfach immer “locker von der Hand”. Es ist schwierig, sich selbst in verschiedenen Sprach-Situationen zu beobachten. Man spricht und verhält sich einfach so, weil man es gewohnt ist und es nicht anders kennt. Ganz normal eben.
Wenn es nach mir geht, spreche ich am liebsten ‘in english’. Ich denke definitiv auf deutsch und wenn ich mich ärgere, drifte ich automatisch ins Tirolerische – sagt man zumindest so 😉 Es kommt aber auch immer darauf an, über welche Themen und mit wem ich spreche. Wenn es um Religion und Glauben geht, dann auf rumänisch oder englisch. Diskussionen über politische Geschehnisse – auf deutsch. Singen – in allen Sprachen.
Spannend ist auch, dass im Umgang mit ebenso Mehrsprachig-aufgewachsenen-Freunden die Kommunikation meist “nicht-definierbar” ist. Da kann es schon passieren, dass man ein rumänisches Wort schnell mal eindeutscht oder ein deutsches Sprichwort 1 zu 1 auf rumänisch übersetzt. Das ist dann der Moment, wenn grammatikalisch in der jeweiligen Sprache alles falsch ist was man nur falsch machen kann, aber jeder im Raum versteht, was man damit sagen wollte.
Mit Oma wird immer auf rumänisch gesprochen und mit den Eltern das gewöhnliche Mischmasch “deutsch-rumänisch”. Im engeren Freundeskreis üblicherweise deutsch, aber oft aufgrund von Wort-Ausfällen in der Sprache, die einem schnell einfällt.
Culture Clash hoch Drei
Nein, ich bin nicht schizophren, ich passe mich nur den Gegebenheiten an. Natürlich ist es ein Unterschied, ob man von Österreichern / Deutschen / Engländern / Amerikanern / Rumänen oder Moldawiern umgeben ist.
Der Umgang mit den verschiedenen Kulturen ist meiner Meinung nach das Schwierigste. Sprachlich – alles kein Problem. Das geht immer irgendwie. Aber was, wenn man zum Essen eingeladen wird und zuerst der Hausherr die Suppe eingeschenkt bekommt und nicht die Gäste? Begrüßung mit Küsschen links – Küsschen rechts oder doch lieber nur die Hand schütteln? Kompliziert wird es auch, wenn man in den Kulturkreisen andere Interessen hat. Lange Nacht der Museen versus Spieleabend mit Uno und Siedler von Catan? Lange Spaziergänge im Wald oder doch ein Filme-Abend zuhause? Freundeskreis-Dilemma vom Feinsten.
Wie verbinde ich die Kulturen am einfachsten?
#Authentizität.
Das hat bis jetzt immer am besten funktioniert. Mir ist es oft so gegangen, dass ich Rumänen und Österreicher am selben Tisch bei mir zuhause sitzen hatte und die Bespaßung nicht zu kurz gekommen ist. Was nebenbei gesagt nicht einfach ist! Als Gastgeber macht man sich schon sehr viele Gedanken darüber. Man kennt eben beide Kulturen sehr gut. Im Endeffekt zählt der Charakter jedes Einzelnen. Durch’s reden kommen d’Leit zamm – im Zuge dessen zeigt sich dann schnell, ob man miteinander kann oder eben nicht.
Das darf es nämlich auch geben. Kulturen müssen untereinander nicht immer jede Gewohnheit oder Gepflogenheit verstehen. Wichtig ist es, dass man sich gemeinsam auf ein ordentliches Miteinander einigt und sich gegenseitig schätzt – ist übrigens auch eine wichtige Charakter-Eigenschaft!
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